PR2/gedichte.txt

145 lines
3.3 KiB
Plaintext
Raw Normal View History

2024-05-07 14:03:28 +02:00
die zwei gesellen
es zogen zwei ruestge gesellen
zum erstenmal von haus
so jubelnd recht in die hellen
klingenden singenden wellen
des vollen fruehlings hinaus
die strebten nach hohen dingen
die wollten trotz lust und schmerz
was rechts in der welt vollbringen
und wem sie voruebergingen
dem lachten sinn und herz
der erste der fand ein liebchen
die schwieger kauft hof und haus
der wiegte gar bald ein buebchen
und sah aus heimlichem stuebchen
behaglich ins feld hinaus
dem zweiten sangen und logen
die tausend stimmen im grund
verlockend sirenen und zogen
ihn in der buhlenden wogen
farbig klingenden schlund
und wie er auftaucht vom schlunde
da war er muede und alt
sein schifflein das lag im grunde
so still wars rings in der runde
und ueber die wasser wehts kalt
es singen und klingen die wellen
des fruehlings wohl ueber mir
und seh ich so kecke gesellen
die traenen im auge mir schwellen
ach gott fuehr mich liebreich zu dir
mondnacht
es war als haett der himmel
die erde still gekuesst
dass sie im bluetenschimmer
von ihm nun traeumen muesst
die luft ging durch die felder
die aehren wogten sacht
es rauschten leis die waelder
so sternklar war die nacht
und meine seele spannte
weit ihre fluegel aus
flog durch die stillen lande
als floege sie nach haus
die loreley
ich weiss nicht was soll es bedeuten
dass ich so traurig bin
ein maerchen aus alten zeiten
das kommt mir nicht aus dem sinn
die luft ist kuehl und es dunkelt
und ruhig fliesst der rhein
der gipfel des berges funkelt
im abendsonnenschein
die schoenste jungfrau sitzet
dort oben wunderbar
ihr goldnes geschmeide blitzet
sie kaemmt ihr goldenes haar
sie kaemmt es mit goldenem kamme
und singt ein lied dabei
das hat eine wundersame
gewaltige melodei
den schiffer im kleinen schiffe
ergreift es mit wildem weh
er schaut nicht die felsenriffe
er schaut nur hinauf in die hoeh
ich glaube die wellen verschlingen
am ende schiffer und kahn
und das hat mit ihrem singen
die loreley getan
nachtgedanken
denk ich an deutschland in der nacht
dann bin ich um den schlaf gebracht
ich kann nicht mehr die augen schliessen
und meine heissen traenen fliessen
die jahre kommen und vergehn
seit ich die mutter nicht gesehn
zwoelf jahre sind schon hingegangen
es waechst mein sehnen und verlangen
mein sehnen und verlangen waechst
die alte frau hat mich behext
ich denke immer an die alte
die alte frau die gott erhalte
die alte frau hat mich so lieb
und in den briefen die sie schrieb
seh ich wie ihre hand gezittert
wie tief das mutterherz erschuettert
die mutter liegt mir stets im sinn
zwoelf lange jahre flossen hin
zwoelf lange jahre sind verflossen
seit ich sie nicht ans herz geschlossen
deutschland hat ewigen bestand
es ist ein kerngesundes land
mit seinen eichen seinen linden
werd ich es immer wiederfinden
nach deutschland lechzt ich nicht so sehr
wenn nicht die mutter dorten waer
das vaterland wird nie verderben
jedoch die alte frau kann sterben
seit ich das land verlassen hab
so viele sanken dort ins grab
die ich geliebt wenn ich sie zaehle
so will verbluten meine seele
und zaehlen muss ich mit der zahl
schwillt immer hoeher meine qual
mir ist als waelzten sich die leichen
auf meine brust gottlob sie weichen
gottlob durch meine fenster bricht
franzoesisch heitres tageslicht
es kommt mein weib schoen wie der morgen
und laechelt fort die deutschen sorgen